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Tennisverband Rheinhessen  

Von wegen „erbärmlich“

Elise Barnstedt gewinnt zum ersten Mal den Titel der rheinhessischen Tennismeisterin. Im Halbfinale schaltet die Mainzerin ihre Ingelheimer Mannschaftskameradin, Vorjahressiegerin Sabina Schmidbauer, aus. Im Endspiel schlägt sie Turnierfavoritin Annalena Noll (TC Weiler) mit 0:6, 7:6, 10:4.

Rheinhessenmeisterin Elise Barnstedt (TC Boehringer Ingelheim)

Worms. Wir wissen nicht, ob es Studien gibt, aus denen hervorgeht, inwieweit das Adjektiv „erbärmlich“ zum gebräuchlichen Vokabular bei Jugendlichen gehört. Zu den typischen Jugendwörtern gehört es jedenfalls nicht. In Elise Barnstedts Sprachschatz allerdings hat es einen festen Platz. „Das sage ich manchmal, wenn ich nicht zufrieden bin. Aber nur beim Tennis“, erzählt die 17-Jährige.

So geschehen am Samstag und Sonntag in Worms, wo die Mainzerin, die für den TC Boehringer Ingelheim spielt, zu Beginn all ihrer Matches gewaltig mit sich haderte. Gegen Laura Shelekhova vom TSC Mainz, gegen ihre Mannschaftskollegin Sabina Schmidbauer, gegen Annalena Noll vom TC Weiler. „Das ist so erbärmlich“, schimpfte Barnstedt sich wiederholt aus, in allen drei Fällen aber steigerte sie sich deutlich. Und rechtzeitig genug, um den Platz jeweils als Siegerin und die Anlage des TC Rot-Weiß Worms als Rheinhessenmeisterin zu verlassen.

Ein solcher Ausgang war nicht abzusehen, schon gar nicht im Finale gegen Noll. Die topgesetzte Oberligaspielerin des TC Weiler dominierte den ersten Satz nach Belieben, wurde allerdings auch nicht ernsthaft gefordert. „Ich kam überhaupt nicht zurecht, ich habe keinen Ball reingespielt, und mit dem Aufschlag hatte ich wegen leichter Schmerzen in der linken Hüfte Probleme“, sagte Elise Barnstedt nach ihrem ersten Titelgewinn.

Mit 0:6 gab sie den Durchgang ab, gemessen an ihrem Potenzial und den Ansprüchen, die sie an sich stellt, war das, nun ja, erbärmlich. Danach nahm sie eine Toilettenpause, die vor allem der Autosuggestion diente. „Alter, reiß dich zusammen“, habe sie sich gesagt. Ganz klar: „So wollte ich mich nicht verabschieden.“

Dass sie in der Lage ist, sich aus einem solchen Tief herauszukämpfen, hatte sie tags zuvor bewiesen, im Halbfinale gegen Titelverteidigerin Sabina Schmidbauer. Auch in diesem Match hätte nach dem mit 1:6 verlorenen ersten Satz wohl niemand mit einem solchen Comeback der Außenseiterin gerechnet, die dann aber mit 6:3 den Matchtiebreak erzwang und ihn mit 10:5 gewann. „Nee“, sagte sie lachend, „ich brauche das eigentlich nicht, so schlecht in ein Match einzusteigen. Aber es ist gut zu wissen, dass ich das noch umbiegen kann.“

Gegen Annalena Noll entwickelte sich der zweite Satz von Beginn an ausgeglichen. Von 1:0 bis 4:3 war Barnstedt immer wieder leicht im Vorteil, bei 4:5 schien die Sache zu kippen. Doch die Ingelheimer Verbands- und seit Kurzem auch Regionalligaspielerin bewies Biss und holte sich die nächsten beiden Spiele. Beim Spielball zum 6:5 hatte sie Glück, dass ihre Kontrahentin einen vermeintlich einfachen Ball aus dem Halbfeld ins Netz donnerte, danach jedoch ließ Barnstedt ein ganz schwaches Aufschlagsspiel zum 6:6 folgen – sich davon aber nicht mehr herunterziehen.

Mit dem Tiebreak begann sie ihr bestes Tennis an diesem Tag zu spielen. Druckvoll, mutig, mit guter Länge in den meisten Schlägen. Und erfolgreich. So, wie sie nach dem 3:3 auf 7:3 enteilte, gestaltete sie auch den Matchtiebreak. Nach 5:0 ließ sie den ersten Punkt zu, zum 7:3 erlief sie einen Stoppball und platzierte ihn kurz hinterm Netz exakt auf die Seitenlinie. Vier Ballwechsel später war Schluss.

„Sie hat verdient gewonnen“, erkannte Annalena Noll an. Ihr sei das Match im zweiten Satz entglitten, als ihre Fehlerquote stieg und die der neuen Meisterin geringer wurde. „Im Tiebreak habe ich dann eine blöde Bewegung gemacht, danach habe ich eine Zerrung im hinteren Oberschenkel gespürt, die ich mir zu Wochenbeginn zugezogen hatte, und konnte mich nicht mehr richtig bewegen“, sagte die Akteurin des TC Weiler. „Ich hab’s noch versucht, konnte aber nicht mehr mithalten. Und Elise hat dann auch einfach gut gespielt.“

Im Halbfinale hatte Noll ebenfalls über die volle Distanz gehen müssen. Gegen Marlene Strohm (DJK Tennisverein Mainzer Sand) war sie es, die länger brauchte, um ihren Rhythmus zu finden, sich nach 2:6 hineinkämpfte und mit 7:5, 10:2 die Oberhand behielt. Zum Auftakt hatte sie Tami Lipp (TSC Mainz) mit 6:3, 6:1 ausgeschaltet. „Insgesamt kann ich mit meiner Leistung ganz zufrieden sein“, resümierte sie.

Für Elise Barnstedt galt dies umso mehr, zumal sie in ihrem ersten Match bereits den ersten Satz gegen die an zwei gesetzte Vorjahresfinalistin Laura Shelekhova (TSC Mainz) zum 7:5 gedreht hatte – danach gab ihre Gegnerin verletzungsbedingt auf. „Und wie könnte ich nicht zufrieden sein, nachdem ich ein solches Turnier gewonnen habe?“, fragte sie rhetorisch.

Vize-Rheinhessenmeisterin Annalena Noll (TC Weiler)